Chinaware – Direktbezug, Update 2020/21

Inzwischen bin ich schon viele Monate mit Direktbezug auf China unterwegs (vor allen auch weil für Bastlerteile häufig vergleichbare Angebote im Inland fehlen) und möchte einen früheren Artikel von mir mit den aktuellen Erfahrungen und kommenden Änderungen neu aufgreifen. Die Informationen zum grundsätzlichen Vorgehen und Geschäftsgebaren sind weiterhin gültig und richtig. Es haben sich aber ein Paar Änderungen ergeben in den Rahmenbedingungen, auf die ich hier (ohne Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit, nur als eigene Meinung) eingehen möchte.

 

 

Lieferfähigkeit und Lieferzeiten:
Zum einen schlägt sich die Welt ja schon einige Monate mit dem Corona-Virus rum und den diversen Konsequenzen auch auf Wirtschaft und Logistik.
Natürlich hat es hier extreme Einschnitte in die Lieferfähigkeit von Anbietern weltweit gegeben. Und natürlich ist das verständlich und auch nicht zu kritisieren, lediglich festzustellen. In der Bewertung muss allerdings gesagt werden das es damit in den letzten Monaten teilweise einem Glücksspiel geglichen hat, ob eine Bestellung nach Wochen der Bearbeitung in verschiedenen Zuständen der Auslieferung überhaupt je angekommen ist. Wirtschaftlicher Schaden ist mir dabei nicht entstanden, so richtig zielführend war das aber auch nicht. Bestellungen in Deutschland waren auch teilweise um Wochen nach hinten gewandert, aber die Kommunikation war hier zumeist sehr korrekt.

Dies war bei den Chinesischen Kollegen leider nicht so. Zumeist ist eine Bestellung ganz normal bestätigt, dann irgendwann in Transit, dann mehrere Wochen Wartezeit und am Ende der maximalen Lieferzeit (auch trotz teilweise mehrwöchiger Verlängerungen) dann Reklamation und Gutschrift. Damit ist zwar kein Geld verbrannt, wohl aber viel Zeit.

Aktuell zieht die Erfolgsrate hier wieder deutlich an, aber offensichtlich ist ein Totalausfall ein normaler Geschäftsvorgang bei einem erheblichen Anteil der Händler. Damit relativiert sich mein früheres vergleichsweise positives Statement zu diesem Thema etwas und bestätigt die Aussage, das mit einem Totalausfall der Bestellung immer zu rechnen ist.

Versandkosten:
In den letzten Wochen sind die Angebote mit absurd niedrigen Versandkosten erheblich weniger geworden und dann auch nur noch für Kleinstmengen. Dies ist für mich eine richtige Entwicklung, zumal auch die Angebote mit vernünftigeren Versandkosten und dann inklusive Tracking durchaus attraktiv geblieben sind. Allerdings ist der Anteil der Artikel, die durch Versand unattraktiv geworden sind erheblich angewachsen, im speziellen für Zielland Deutschland. Da darf man gespannt sein, wie es hier weiter geht.
Allerdings ist es auch richtig, das ein Versand aus China nicht für die aufgerufenen Versandkosten durchführbar ist oder sein sollte (zumal diese sogar unter den Preisen einer innerdeutschen Lieferung liegen). Da spürt man doch die staatliche Subventionierung oder andere Preisverzerrungen.

Neuerung zum 01. Juli 2021 bei der Einfuhrumsatzsteuer:
Die Deutsche Post hat auf der Webseite angekündigt, das ab 01.07.2021 (ursprünglich 01.01.) der Freibetrag bis 22€ für die Einführumsatzsteuer entfällt und alle Sendungen aus dem EU-Ausland somit uneingeschränkt der Einfuhrumsatzsteuer unterliegen. An den Zollregeln scheint sich nichts zu ändern.
Das erscheint mir auf der einen Seite durchaus richtig, auch die Begründung geht in die gleiche Richtung. Für das Modell des Direktimports hätte es an sich auch nicht unbedingt ein K.O.-Kriterium sein müssen, wenn man nicht die konkrete Handhabung in der Praxis sieht.
Der Zoll will mit dem Stichtag für die Sendungen also die Umsatzsteuer vom Empfänger. Das kann durch DHL erfolgen, sofern die Ware korrekt deklariert ist und eine Rechnung in einer dem Zoll verständlichen und korrekten Form beigefügt ist. In Bezug auf Rechnungen aus China kann ich einige Erfahrungen einbringen und als Fazit sagen, das dies wohl für 80% der Fälle nicht passieren wird (optimistisch geschätzt). Auch würde ich dann zumeist zur Filiale fahren dürfen, mein Paketbote hat hier bestimmt keine Ambitionen als Steuereintreiber tätig zu werden. Die Erlaubnis zur Ablage ist dann ja auch hinfällig. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, das die Post für diese Dienstleistung Geld sehen will, und das wohl mehr als die Steuer an sich kostet und es an theoretischem Einsparpotential gibt.
Die meisten Pakete darf ich dann also im Zollamt selber abholen. Das sind bei mir dann einfach 30Km, viel Zeit und in Summe ein Verlustgeschäft. Außerdem auch völlig uninteressant, da eine Bündelung der Lieferungen kaum funktioniert und ich nicht alle 2 Tage hinfahren kann. Damit dürften sich mit dem jetzigen Geschäftsverhalten der Anbieter die Bestellvolumen doch ziemlich verringern (was ja wohl Sinn der Übung sein dürfte). Eigentlich macht es nur noch Sinn eine solche Bestellung loszutreten, wenn ein europäisches Warenlager genutzt werden kann. Und ein solches Angebot zu finden ist derzeit gar nicht einfach, sogar nicht immer möglich.

Fazit:
So ungern ich das zugeben mag, finde ich an sich die Änderungen richtig. Viele Korrekturen waren dringend fällig und der Vorwurf der Benachteiligung war sicherlich berechtigt.
Leider fehlt mir hier die Möglichkeit diese Zahlungen z.B. online zu leisten und die Zusendung weiter normal über den Zustelldienst zu ermöglichen. Damit wäre zum einen die Fairniss zwischen den Handelswegen gegeben (der nun in der Praxis den Direktimport benachteiligt), zum anderen wäre trotzdem der Direkteinkauf weiterhin in der gewohnten Komfortabilität möglich. Aktuell gehe ich aber davon aus, das der Direkteinkauf für Kleinstmengen zumindest zeitweise uninteressant wird und sich der Handel erst wieder neu ausrichten muss. Die letzten Monate kann man zunehmende Aktivitäten hin zu innereuropäischen Logistikzentren erkennen. Ich vermute, das wird auch die einzige Option sein um als nicht-Eu-Händler überhaupt im Privatsegment zu punkten. Firmen sind hier ohnehin anders aufgestellt und kaum von der Änderung betroffen.
Ärgerlich bleibt dabei die schlechte Sichtbarkeit des Bezugslandes bei den Handelsplattformen. Einzig eBay zeigt bereits bei der Suche und zumeist richtig an, von wo das Produkt verschickt wird. AliExpress als auch Amazon bieten diese Information erst in Produktdetails an, sind aber beide inzwischen sehr stark von chinesischen Händlern durchdrungen. Die Suchfunktionen sind hier leider wenig hilfreich, manchmal sogar irreführend. Hoffentlich wird hier schnell zumindest etwas mehr Transparenz reingebracht. So wie es derzeit läuft empfinde ich das als zunehmend anstrengend.

 

 

 

Chinaware – Direktbezug, Update 2020/21

Inzwischen bin ich schon viele Monate mit Direktbezug auf China unterwegs (vor allen auch weil für Bastlerteile häufig vergleichbare Angebote ...

Chinaware – Überlegungen zum Direkteinkauf

In den letzten Monaten konnte ich viel Erfahrung mit dem Einkauf von Produkten direkt aus China sammeln. Da im Bereich ...

Chinaware – Überlegungen zum Direkteinkauf

In den letzten Monaten konnte ich viel Erfahrung mit dem Einkauf von Produkten direkt aus China sammeln. Da im Bereich DIY dieser Kanal durchaus relevant ist (sowohl in der Verfügbarkeit von Komponenten als auch im Preis), möchte ich meine Überlegungen hier für potentielle „Mittäter“ dokumentieren. Wer hierzu eine Meinung hat kann mir diese gerne per Email zukommen lassen. Das Kommentarfeld lasse ich aber inaktiv, um mir Spams und diverse Rechtsfolgen zu sparen.

Zum Einstieg aber ein Absatz zur Motivation für den Direktimport.
Ich bin durchaus ein Fan der Ansicht, man soll regionale Händler unterstützen. Das wird von mir auch gerne für regionale Produkte gemacht und für Einzelhändler, wie wirklich eine echte Beratung oder eben individuelle Dienstleistungen bieten.
Ich unterstütze allerdings keine Kistenschieber oder 08/15 Ramschläden mit Standardsortiment („ohne Extras“). Die sind bei mir schlicht und einfach gleichberechtigt mit allen anderen Vertriebswegen und in der Folge zumeist wenig attraktiv. Man könnte hier auch gleich mit dem Thema Onlinehandel versus Einzelhandel stationär an sich starten, das würde jetzt aber zu weit führen.

Da im Bereich DIY-Elektronik ohnehin fast alles aus China bzw. Asien allgemein kommt und auch die Konkurrenz vorwiegend innerhalb der asiatischen Länder lokalisiert ist, stehen aus meiner Sicht dem Direktimport wenig patriotische Gründe entgegen. Regionale Hersteller sind hier extreme Ausnahmen, der Schaden geht primär an Elektrogroßhändler wie Conrad etc. Und die sind im Sortiment teilweise gar nicht vergleichbar.

Der Vertriebsweg ist inzwischen mit dem Onlinehandel sehr gut ausgebaut, praktisch alle Plattformen bieten entsprechende Waren an. Besonders aktiv sind hier inzwischen Amazon, eBay und Aliexpress. Alle sind für Privatleute erreichbar und mehr oder weniger komfortabel. Problematisch ist hier aus meiner Sicht, das es (gerade bei Amazon) schwer erkennbar ist, aus welchem Kontinent man gerade bezieht. Ich habe definitiv kein Problem in China zu kaufen, will das aber klar erkennen und (je nach Anforderung) auch gezielt ausschließen können.

Wenn man sich aber für sowas entscheidet, sollte man sich über die Konsequenzen im klaren sein. Handler, die nicht in Europa ansässig sind, folgen primär den Anforderungen des Heimatlandes. Man kauft also im „Ausland“ ein. Der Verbraucherschutz in Europa ist beim Onlinehandel sehr umfangreich. Handel mit China entspricht eher den Gepflogenheiten im B2B-Bereich (und da ist alles Verhandlungssache).
Bei den asiatischen Kollegen bedeutet dies sehr häufig:

  • Die Produktbeschreibung ist in einer Art von Englisch oder einer Autoübersetzung ins Deutsche gehalten. Wenn man das oft genug gesehen hat, versteht man das Kauderwelsch immer besser. Dennoch hat das oft nichts mehr mit dem Produkt an sich zu tun.
  • Die Beschreibungen immer komplett in allen möglichen Plätzen lesen, also Titel, Kurztext, die einzelnen angebotenen Varianten, etc… Oft finden sich versteckt Hinweise und Einschränkungen oder es werden in den Titel (Un-)bewusst fehlleitende (manchmal falsche) Informationen gelistet.
  • Händlerkontakt ist (wenn überhaupt) in Englisch möglich. Reaktionszeiten von wenigen Stunden bis nie sind normal. Die Reaktion auf Produktfragen ist oft nichtssagend, beschwichtigend oder irrelevant.
  • Die Lieferzeiten können wenige Tage bis mehrere Monate dauern. Gerade billige Teile sind im Schnitt 4-8 Wochen unterwegs.
  • Manche Lieferungen kommen nie an (wenn auch im Verhältnis wenige),
  • Das deutsche Verbraucherrecht ist faktisch nicht durchsetzbar, wenn die Plattform die Durchsetzung nicht treibt.
  • Rechnungen sind nicht zu erwarten, kaum zu bekommen und selbst wenn man die bekommt nicht sinnvoll verwendbar (besonders gegenüber dem Finanzamt).
  • Garantie ist eine reine Verhandlungsbasis und eher nicht zu erwarten.
  • Man kauft im Ausland, also Zoll und deren Regeln. Dazu später mehr.

In der Konsequenz:

  • Rechnet mit Komplettausfall der Bestellung nach der maximalen zugestandenen Lieferzeit (Nichtlieferung).
  • Wenn das Produkt defekt ist, nutzt den Beschwerdeweg der Plattform.
    Amazon bietet hier die A-Z Garantie, die ganz gut funktioniert.
    Aliexpress hat hier einen Dispute-Prozess.
    In beiden Fällen endet man (wenn’s gut gelaufen ist) mit einer Rückerstattung des Kaufpreises, sonst mit Totalverlust.
  • Nachbesserung oder Tausch ist meist nicht möglich. Minderung eine Option, aber eher selten.
  • Bei den billigen Versandarten gibt es kein Tracking, und das dennoch vorhandene rangiert von lückenhaft über falsch bis hin zum Tracking eines anderen Produkts. Verbindlichkeit gibt es nur bei den Versandoptionen mit Tracking, dann wird es aber schnell teuer und in der Konsequenz unrentabel.
  • Was man bekommt ist ein wenig ein Überraschungsei. Von „alles perfekt über „nur Teile des Ganzen“ bis „ganz was anderes“ hatte ich schon alles.
  • Die Verpackung ist normalerweise eher mau und damit die Gefahr von Beschädigungen hoch.
  • Vieles sind absolut klar erkennbare Fälschungen, oft aber schon so gut das es nicht mehr feststellbar oder relevant ist. Verstärkt wird das Problem mit der miesen Beschreibung und den oft widersprüchlichen Photos.
  • Wichtig: Manche der gelieferten Teile entsprechen gar nicht europäischen Standards und können sogar gefährlich sein (z.B. Giftstoffe, Brandgefahr). Auch ist der Betrieb in Deutschland nicht pauschal zulässig (z.B. verwendete Funkfrequenzen oder Funkleistung).

Auf der Plusseite:

  • Natürlich der Preis. Selbst wenn es kein Original ist, sondern nur ein „guter“ Nachbau spart man sich problemlos 30-60% zum Regelpreis bei offiziellen Bezug. Porto ist z.B. bei AliExpress dazu oft vernachlässigbar oder geringfügig, gerade im Vergleich zu deutschen Tarifen.
    Mal einen Satz Dioden für 20ct in Summe zu bestellen ist kein Thema, in Deutschland schon wegen der Versandpauschalen unmöglich.
  • Die meisten Händler sind sehr bemüht dich als Kunden wirklich zufrieden zu stellen. Betrug (das Thema Plagiate mal ausgenommen) eher selten und dann meist durch die Beschwerdeprozesse der Plattform gut unter Kontrolle.
  • Einzelne Perlen und auch die in Asien angesiedelten Hersteller im Direktvertrieb stehen deutschen Standards in nichts nach. Hier ist die Auswahl der Anbieter (wie so oft) das wichtigste.
    Leider gilt gerade dieser Punkt auch für deutsche Händler. In der ganzen Zeit waren die übelsten Stresslieferanten nicht die Chinesen, sondern meine innerdeutschen Bestellungen.

Zoll:

Ha, ein tolles Thema (vor allen wenn man bei Amazon versehentlich aus China bestellt).
Die Infos sind nicht rechtsverbindlich und können auch in Teilen falsch sein. Bitte im Einzelfall selber prüfen und abklären!

Der deutsche Zoll wird im Regelfall dann aktiv, wenn der deklarierte (oder vermutete) Warenwert mit Versandkosten nicht mehr unter 22€ liegt. Dann wird 19% Einfuhrumsatzsteuer fällig.
Dazu hat der Zoll eine nette Seite.
In Deutschland wird (inoffiziell) aber erst abgerechnet, wenn die Abgaben 5€ erreichen. Damit ergibt sich hier ein „Freibetrag“ von theoretisch 26,30€.
Wenn der Einkaufswert 150€ übersteigt, kommen evtl. Zollkosten dazu. Hier bitte direkt mit dem Zoll vorher klären was es kostet, da es hier keine pauschale Regelung gibt sondern Warenklassen die Beträge definieren.
Ein guter Weg damit umzugehen ist die Bestellung aus einem innereuropäischen Warenlager (so verfügbar, z.B. Spanien, Frankreich). Dann ist die Lieferung innereuropäisch und per Definition zollfrei.

Fazit:

Wenn man grundsätzlich Zeit hat, etwas Nervenkitzel braucht und ein detektivisches Grundgespür hat und einfach nur Bastelware braucht, kann es mit Direktimport versuchen und wird zumeist gut damit laufen. Gelegentliche Fehlschüsse und Komplettausfälle sind dann zu verkraften. Wenn die einzelnen Teile aber dann teuer werden, würde ich persönlich das Risiko nicht mehr eingehen wollen.

Wer Teile schnell braucht, die Teile deutschen Qualitätsansprüchen genügen sollen und man die Verbraucherrechte wahrnehmen will oder einfach eine Rechnung für das Finanzamt braucht, sollte die Finger davon lassen. Geld ist nicht immer die Priorität, und manchmal kostet sparen einfach zu viel Geld in Folge.

Chinaware – Direktbezug, Update 2020/21

Inzwischen bin ich schon viele Monate mit Direktbezug auf China unterwegs (vor allen auch weil für Bastlerteile häufig vergleichbare Angebote ...

Chinaware – Überlegungen zum Direkteinkauf

In den letzten Monaten konnte ich viel Erfahrung mit dem Einkauf von Produkten direkt aus China sammeln. Da im Bereich ...

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