Die letzten Monate waren turbulent. Viele Dinge passieren gerade mit dem gemeinsamen Ziel, möglichst schnell und viel an klimaschädlichen Gasen einzusparen, ganz vorne dran das böse Co2. Jetzt kann man dazu sehr leicht eine persönliche Meinung haben ohne viel zu Wissen. Auch macht es einem das Umfeld nicht gerade leicht, wirklich eine sachdienliche Diskussion zu führen. Gerade weil viele, an sich gute Maßnahmen, leider derart schlecht kommuniziert oder in der Umsetzung stark fragwürdig platziert werden, fällt es einem immer schwerer noch eine objektive Meinung zu finden und diese auch aufrecht zu erhalten.
Da ich grundsätzlich (wie viele andere auch) eine positive Grundhaltung zu den offensichtlich notwendigen Änderungen habe, versuche ich dennoch für meine Situation eine Einschätzung der Lage zu finden. Aktuell sind hierbei folgende Aspekte in der Bewertung:
- Haushaltsstrom
Das Haus hat aktuell mit 4 Personen einen Stromverbrauch von ca. 4000 KWh pro Jahr.
Dabei sind die Hauptverbraucher klar im Winter die Gasheizung, sonst der Herd/Backofen, das Dampfbügeleisen, Waschmaschine, Trockner, Geschirrspüler und die Kühlschränke/Gefriertruhen. Der Rest geht weitestgehend im gemeinsamen Rauschen unter. - KFZ
2 Fahrzeige (ein böser Diesel Euro 4, ca. 15.000 Km/Jahr, Verbrauch ca. 7,5l/100Km und ein Benziner Euro 5 ca. 10.000 Km/Jahr, Verbrauch ca. 7l/100km) - Heizung/Warmwasser
Erdgastherme mit Jahresverbrauch max. 18.000 KWh/Jahr
Als Basis zur Bewertung sind folgende Grunddaten (Stand Ende 2023) verwendet worden:
- Anteil Co2 Strom: 434g/KWh (Quelle: Statistica.com und Umweltbundesamt)
- Anteil Co2 Erdgas: 201g/KWh (Quelle: Verbraucherzentrale)
- Anteil Co2 Benzin: 2370g/l (Quelle: Helmholtz)
- Anteil Co2 Diesel: 2650g/l (Quelle: Helmholtz)
- Durchschnittlicher Verbrauch E-Auto: 15KWh/100Km (Quelle: Verivox)
- Durchschnittlicher Strompreis: 33ct/KWh (Quelle: Verivox)
Explizit nicht betrachtet sind die Bereiche der Fertigung der entsprechenden Geräte oder Betriebsstoffe. Da ich hier kaum direkten Einfluss darauf habe und auch Daten schwierig zu bekommen sind, bleibt das vorerst außen vor. Allerdings sind hier auch viele Argumente nicht für eine Seite exklusiv, sondern durchaus auch bei den Alternativen gültig.
Auch unterscheide ich hier explizit nicht zwischen einen Öko- und einen Regeltarif für Strom oder Gas. Der Strom aus der Dose ist nun mal der Strommix, auch wenn ich einen Tarif habe der „Ökostrom“ genannt wird. Leider wird auch hier viel grüngewaschen über Zertifikate z.B. aus Island oder nicht wirklich nachvollziehbare Projekte in Regenwäldern. Wirklich „grün“ ist damit nur der selbst erzeugte Strom von der eigenen Anlage (unter den o.g. Rahmenbedingungen).
Wichtig: Natürlich sind alle Zahlen und Annahmen hinterfragbar und können durchaus auch anders berechnet oder bewertet werden. Das liegt in der Natur der Sache. Wem die Zahlen nicht gefallen, kann für sich auch gerne anders rechnen. Wie gesagt, die Rechnung ist nur mein Ansatz und für mich nachvollziehbar genug.
Haushaltsstrom
Ohne Maßnahmen kommen für den Haushalt pro Jahr 4000KWh x 434g/KWh = 1,736t Co2 raus.
Die neue Solaranlage (8,4KWp) und der (noch nicht aufgebaute) Speicher (14,5KWh Kapazität) sollte den Verbrauch deutlich absenken (siehe Artikel, ca. 500KWh).
Der neue Anteil beträgt damit 500KWh x 434g/KWh = 0,217t Co2.
Damit sollte durch diese Maßnahme eine Einsparung von 1,519t Co2 erreicht werden.
Dagegen stehen Investitionskosten von ca. 16.500€ und eine geplante Rentabilität in ca. 12 Jahren (siehe Artikel).
Hier war das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen in Ordnung, zumal die Investition ohne Kredite oder andere Beschneidungen möglich war.
Ich gehe davon aus, dass sich eine ähnliche Kalkulation auch bei anderen ergibt. Aus meiner Sicht sollte also eine solche Anlage für jeden eine sinnvolle Investition sein zur Absenkung des eigenen Co2 Anteils (wenn das Geld dafür da ist). Und eine Balkonanlage als Minimallösung ist inzwischen auch keine Zauberei mehr.
Kraftfahrzeuge
Die beiden Fahrzeuge erzeugen mit den aktuellen Annahmen folgende Mengen Co2:
Diesel: 15.000km x 7,5l/100km x 2650g/l = 2,981t Co2 (Selbständiger, Projekttätigkeit bei Kundenstandorten, Anhängerbetrieb)
Benziner: 10.000km x 7l/100km x 2370g/l=1,778t Co2 (Fahrten zur Arbeit und reguläre Fahrten für Haushalt, Urlaubsfahrten)
Als realistische Alternative für unsere Fahrprofile wären primär Fahrzeuge mit alternativen Antriebskonzepten (wie z.B. ein Hybrid) geeignet.
Zwar sind reine Elektroautos durchaus langsam interessant, allerdings nicht uneingeschränkt für unsere Nutzung.
Für die Berechnung nehmen wir mal reine Elektroautos an bei sonst gleichem Fahrprofil.
Für die Co2-Berechnung gehe ich vom Laden über Strombezug, also mit Strommix aus, da die Solaranlage nicht mal annähernd genug Ladeleistung für dieses Szenario liefern kann:
Fahrzeug 1 als Ersatz für Diesel: 15.000km x 15KWh/100km x 434g/KWh = 0,977t Co2
Fahrzeug 2 als Ersatz für Benziner: 10.000km x 15KWh/100km x 434g/KWh = 0,651t Co2
An sich klingen die Zahlen gar nicht mal schlecht. Allerdings sind die auch wieder weit weg von den Werbeaussagen von „Nullemission“.
Hauptstellschraube ist hier der Strommix. Derzeit ist der halt noch recht wenig „Grün“. Ich hoffe sehr, dass sich hier in den kommenden Jahren Änderungen ergeben.
Wichtig ist hier auch die Tatsache, dass schon der Verbrauchswert (je nach Modell) ziemlich daneben liegen kann. Die Fahrzeige können erheblich mehr ziehen (bei den Verbrennern aber auch). Auch sind keine Ladeverluste berücksichtigt.
Auf der Kostenseite sieht es allerdings übel aus. Die noch geringe Auswahl der verfügbaren Modelle und die teuren Akkupacks, dazu ein faktisch nicht existenter Gebrauchtwagenmarkt nebst unberechenbarem Wertverlust machen das Ganze für mich leider (vorerst) uninteressant.
Ich habe mir noch nie einen Neuwagen bestellt, sondern immer Gebrauchtfahrzeuge mit 2-3 Jahren Alter, der dann ca. 8 Jahre gefahren wurde. Da wird dann der Kontrast extrem (>40.000€ gegen ca. 18.000€). Natürlich ist das nicht ganz fair, entspricht aber meinem Profil. Wenn mir mal jemand ein E-Auto mit vergleichbaren Daten und Anwendungsszenarien und einem Preis <20K sowie einer realen Restlaufzeit von 8 Jahren zeigen kann, kann man das ja neu bewerten (schon eine Anhängerkupplung ist eine Herausforderung).
Für mich habe ich hier noch keinen Entschluss gefasst. Ich glaube, dass sich unsere Fahrprofile in den nächsten 10 Jahren erheblich ändern werden (Kinder aus dem Haus, andere Jobsituation). Dadurch wird auch eine andere Bewertung möglich, auch der Markt sollte bis dahin wesentlich anders aussehen. Vielleicht wäre dann z.B. ein Leasingfahrzeug mindestens teilelektrisch sinnvoll abbildbar. Vielleicht kommt ja auch der öffentliche Nah- und Fernverkehr als Alternative in Betracht. Da fehlt mir aber (mit Erfahrung aus den letzten 20 Jahren) irgendwie der Glaube daran (ländliches Umfeld).
Im Zuge der Arbeiten an der Solaranlage wurde zumindest mal ein Kabel für eine 22KW Ladestation verbaut. Man will ja vorbereitet sein.
Heizung/Warmwasser
Dieser Bereich ist auch ziemlich spannend. Fangen wir mal mit dem Ist-Zustand an.
Aktuell ist eine Gastherme mit Warmwasserbereitung im Einsatz, die mit Erdgas betrieben wird und ca. 18.000 KWh/ Jahr verbraucht.
Die Haus (BJ. 2005) entspricht damit der Effizienzklasse C für Wohngebäude und dem zum Bauzeitpunkt geltenden WSVO95.
18.000KWh x 201g/KWh = 3,618t Co2
Hier gibt es als Alternative (aufgrund baulicher und örtlicher Gegebenheiten) eigentlich nur noch eine Luftwärmepumpe.
Von einem COP-Wert von 3 ausgehend, würde ein Strombedarf von ca. 6.000 KWh erforderlich, primär im Winter ohne relevante Solarerzeugung (bisherige Erfahrungen zeigen das schon).
Damit wären wir wieder beim Strombezug mit Strommix.
6.000KWh x 434g/KWh = 2,604t Co2.
Die laufenden Kosten (ohne Berücksichtigung von Wartungskosten) stellen sich so dar:
Aktuelle Gaskosten (7/22-6/23): 2.260€/Jahr (aus Abrechnung)
Stromkosten für 6.000 KWh bei 33ct/KWh: 1.980€/Jahr
Auf der Kostenseite stehen hier mindestens 20.000€ Investition (durch das politische Intermezzo letztes Jahr eher schon 30.000€) ohne zusätzliche Maßnahmen wie Dämmung oder Fußbodenheizung. Natürlich stehen dagegen auch Förderungen, allerdings scheinen diese auch immer zeitnah in die Angebote der Betriebe eingepreist zu werden.
Auch hier muss ich mich mit einer Entscheidung vertagen.
Nur kostentechnisch ist der Austausch nicht zu rechtfertigen und auch vernünftige Angebote seitens der Installationsbetriebe (die durchaus nicht Standard sind) derzeit völlig uninteressant. Manche Angebote sind wohl eher abschreckende Maßnahmen.
Leider zeigt sich das auch aus diversen Gesprächen mit z.B. dem Kaminkehrer und Erfahrungen aus aktuellen Umrüstungen im Umfeld.
Wenn ich eine Meinung formulieren müsste, wäre die Umrüstung ausschließlich bei einem notwendigen Heizungsersatz und/oder einer Vollsanierung interessant.
Ich gehe derzeit nicht davon aus, dass die Gastherme in den nächsten Jahren wirklich aus technischen Gründen ersetzt werden muss. Eine Sanierung steht derzeit auch nicht auf dem Plan, dafür ist das Gebäude noch zu neu und wurde für damalige Verhältnisse bereits ordentlich gedämmt.
Eine etwas objektivere Einschätzung dazu (Quelle z.B. CO2Online) bestätigt mir, dass ich unter aktuellen Rahmenbedingungen nie einen rentablen Bereich erreichen kann. Und bei den Beträgen, die dabei im Raum stehen, fehlt mir jeder Ansporn dies aus reinen Umweltgründen zu tun. Da braucht es erheblich mehr politische Rahmenbedingungen, nicht nur persönlichen Willen.
Fazit
Bis auf die Solaranlage kann ich derzeit für mich keine der Maßnahmen befürworten.
Obwohl praktisch alle Maßnahmen eine Verbesserung der Co2-Belastung zeigen, sieht die Kostenseite durchgehend noch uninteressant aus.
Es gibt also technisch einige Optionen hier besser zu werden. Leider sieht die Rechnung für mein Gebäude aber keine Option hierfür in den nächsten Jahren.
Allerdings war dies auch beim Speicher der Solaranlage bis letztes Jahr so gewesen. Ich bleibe dabei und fühle weiter den Puls, vielleicht löst sich ja auch der Knoten bald auf und wir können hier auch das Klima schützen, ohne dabei nur Geld zu verbrennen.