Nach inzwischen doch schon einigen mehr oder weniger erfolglosen Versuchen, das eigene Heim etwas intelligenter zu gestalten, ist nun ein neuer Versuch fällig. Primärer Grund dafür ist vor allen das Angebot an reifen Komponenten und eine ziemlich gute Software.

Projekt: Heimautomatisierung

Kontakt: Boris Dirnfeldner

Link– eigenes Projekt –

Obwohl ich mich durchaus als experimentierfreudig ansehe, und auch kein Problem damit habe, mal tiefer in Eingeweiden von Lösungen rumzuwursteln, war es doch bisher sehr mühsam und teuer eine einigermaßen vernünftige Lösung für ein intelligentes Zuhause zu bauen. Das ist immer noch in Teilen richtig, allerdings kann man doch ein Paar Lichtblicke erkennen.

In den letzten Wochen habe ich mich tiefer in eine Softwareumgebung mit Namen „Home Assistant“ reingefuchst. Das Teil ist inzwischen ziemlich erwachsen und, vor allen auch durch die starken Integrationen in die Lösungen anderer Hersteller, sehr mächtig. Tatsächlich geht der Aufbau auch gut von der Hand, wenn man mal ein paar Dinge beachtet.

Ein blödes Thema ist bisher immer gewesen, dass sich zwar schnell eine Lösung zusammenbasteln ließ, manchmal sogar gar nicht so schlecht, am Ende aber immer irgendwo Stückwerk geblieben ist. Alle Versuche, diese Teile vernünftig zu integrieren, sind an einer geeigneten Lösung und vor allen an Zeit gescheitert.

Inzwischen haben sich in meiner Haus-IT einige Dinge geändert, damit auch die Basis für andere Projekte. Zum einen habe ich meinen Webserver und den Emailserver auch Docker umgestellt, um die Administration dieser Schlüsselfunktionen zu vereinfachen. Im Zuge dieser Arbeiten wurde das inzwischen doch schon ältere NAS von Synology wurde durch ein deutlich leistungsstärkeres Gerät DS220+ ergänzt. Dieses ist auch in der Lage, kleine Docker Instanzen ausreichend performant zu betreiben. Auf dem NAS läuft unter Docker auch ein MQTT-Server für diverse kleine Projekte als Kommunikationsmittel. Ebenso ist das Haus gut mit Laptops, PCs, Android Tablets und Smartphones ausgestattet. Flächendeckendes WLAN ist ebenfalls gegeben.

Durch das Solaranlagen-Projekt ist die Elektrik auch deutlich besser vernetzt, vor allen durch ein Smart Meter mit RS485 Schnittstellen und einem RS485-to-WIFI Gateway.

Am Markt gibt es inzwischen auch massig Bausteine zur Hausautomation. Je nach Geschmack mit oder ohne Cloud. Leider primär mit, aber dazu später mehr. Was sich aber definitiv geändert hat, sind die aufgerufenen Preise und die Gefälligkeit der Teile. Alles ist inzwischen merklich kompakter und auch günstiger geworden, damit auch attraktiver.

Grundsätzlich bin ich absolut kein Freund von Herstellerclouds mit all ihren Konsequenzen. Jeder, der sich die Mühe macht diese komplett zu umschiffen (und das auch hinbekommt), meinen Glückwunsch, Chapeau!

Ich für meinen Teil bin dabei inzwischen weniger grundsätzlich unterwegs, trotzdem aber weiterhin bewusst. Manche Dinge sind aber weiterhin praktisch unmöglich ohne Herstellerbindung zu realisieren. Und als Hacker tauge ich nicht, schon einfach, weil mir dafür die Zeit und Grundmotivation fehlt. In der Konsequenz gehe ich das erst mal offen an, allerdings mit einem deutlichen Blick auf die Problematik.

Fangen wir mal mit der Software an. „Home Assistant“ kann als Server komfortabel unter Docker installiert und betrieben werden. Damit ist für mich schon mal viel gewonnen, weil nicht wieder ein Raspi irgendwo rumliegt, aber kritisch zu nennen ist. Mir wurde schon mit den ersten Versuchen klar, dass ich nach den Umbauten ziemlich hiervon abhängig sein werde. Daher gefällt mir das so schon sehr gut.
Die Integration diverser Herstellerlösungen und Standards bieten einen Blumenstrauß an Optionen, vor allen die gemeinsame Verwaltung in nur einer Software. Damit bin ich zwar nicht herstellerunabhängig von den Schnittstellen, wohl aber in der Logik der Steuerung. Konkret waren schon am ersten Tag die Synology-NAS, Fritz!Boxen mit allen vorhandenen Smart-Geräten, beide Drucker und das Smartmeter eingebunden.
Genutzt werden kann das System per Browser, App, API und Assistent. Die Oberfläche per Web und App ist wirklich gut gelungen, komfortabel und die mitgelieferten Elemente sind intuitiv verwendbar und auf beiden Wegen gleichartig.
Man kommt aber auch trotzdem gut „unter die Motorhaube“, wenn man will oder muss. Python ist hier das Mittel der Wahl und liegt damit perfekt auf meiner Linie. Automationen können grafisch oder per YAML gebaut werden uns sind ziemlich einfach zu schaffen. Ich persönlich bin davon begeistert, die Lernkurve ist steil und bisher konnte ich alles Lösen. Im Detail wird das wohl später ein eigener Artikel.

Bei den Geräten ist es durchwachsener. Steckdosen lassen sich durch den MQTT-Server gut auf Basis von TASMOTA realisieren. Das geht dann komplett ohne Herstellercloud, allerdings sind die Geräte zum einen spärlich, zum anderen auch teurer als manche andere Lösung (mit Cloudbindung). Im Vergleich zu „früher“, als es noch als Sonoff-Hack vermarktet wurde, ist die Umgebung doch deutlich bekannter und teilweise sogar von Herstellern angeboten. Ich habe z.B. Schaltleisten und Dosen von „Nous“ bereits mit TASMOTA kaufen können und bin eigentlich sehr zufrieden damit.
Ein ganz extremes Beispiel für Herstellercloud und -bindung ist das Umfeld Tuya. Alle Geräte brauchen zwingend eine chinesische Cloud und den Hersteller. Dafür gibt es einen unglaublichen Gerätepark mit sehr guter Integration und Steuerungsmöglichkeiten. Nicht zu vergessen, sind die Teile mit Abstand am günstigsten. Manche Geräte können per „Tuyaconvert“ zu TASMOTA bekehrt werden, längst nicht aber alle. Über die Entwicklungsumgebung des Herstellers und dessen API können die Geräte super eingebunden werden und bieten wirklich umfangreiche Daten für die Automation an. Ich hatte mir vor einem Jahr versehentlich einen Staubsaugerrobot mit solch einer Anbindung zugelegt. Am Gerät ist nichts falsch, daher bin ich vorerst dabeigeblieben und damit war ich hier etwas offenherziger als sonst üblich.
Ich habe hier zum Ausprobieren einzelne Dosen auf Basis von Wifi und Zigbee beschafft, dazu Thermometer und Rauchmelder. Tatsächlich gibt es speziell für letzteres keine Alternative, daher werde ich wohl für Sensoren und unkritische Schalter die Dinger weiter betreiben und damit auch die Cloudbindung brauchen. Sollte der Hersteller (aus welchen Gründen auch immer) ausfallen oder unbenutzbar werden, verliere ich zwar praktische Anteile der Umgebung, aber nichts Wichtiges. Kritische Schalter und Messstellen werden davon grundsätzlich unabhängig aufgebaut (z.B. mit TASMOTA).
Jedes Gerät wird so angeschafft, dass die Basisfunktion auch ohne Automation weiter gegeben ist. Die Schalter lassen sich alle per Knopf manuell schalten, die Feuermelder funktionieren auch autark und die Temperatursensoren haben ein Display. Damit kann man notfalls auch isoliert noch arbeiten.

Aktuell integriere ich schrittweise vor allen die kräftigen Verbraucher und teste mich sonst langsam voran. Eine Motivation für die Automatisierung war die intelligente Steuerung von Verbrauchern unter Berücksichtigung der Solarleistung oder des Speicherladestands, also ein Energiemanagementsystem. Das erscheint nun sehr gut möglich, wenngleich es wohl noch ein paar Wochen braucht, bis ich da wirklich volle Kontrolle habe.

Durch die gute Kameraintegration bieten sich nun gute Möglichkeiten zur Geländeüberwachung und zur Reaktion auf Besucher. Das Thema hatte ich vorerst vertagt, mangels geeigneter Umgebung. Jetzt ist das ganz was anderes. Erste Versuche mit einer KI-Objekterkennung mit einem Yolo8-Modell und Python erscheinen ziemlich erfolgversprechend.
Nach einigen schlechten Erfahrungen mit billigen China-Cams bin ich nun auf bessere, aber auch teurere Geräte umgesattelt. Für den Eingang ist z.B. eine HIKVision beschafft worden und zeigt doch deutlich, was ein Paar Euro Unterschied ausmachen. Die Bildqualität ist deutlich besser und vor allen sind die Geräte autark betreibbar und ONVIF-kompatibel. Wieder eine Cloud umschifft. Meine Bilder will ich definitiv nicht über China verarbeiten. Die anderen Versuchsgeräte lassen sich meist nur gut über die Apps nutzen und werden wohl verkauft. Gibt sicher Nutznießer dafür, bei mir wird das so aber nichts.

Damit das Ganze auch für die Familie nutzbar wird (auch ohne App oder Browser), wurde ein altes Tablet zum Hausterminal umgewidmet. Die App läuft auf dem Samsung Galaxy S Altgerät gut. In Verbindung mit der App „Fully Kiosk Browser“ kann die App sogar exklusiv betrieben werden und das drunter liegende Android geschützt werden. Das Teil ist einen eigenen Artikel wert, daher hier nur als Randbemerkung.

Von den gängigen Sprachassistenten wie Alexa & Co halte ich mich weiter fern. Die Dinger sind mir an sich zu blöd (weil man sich die Syntax der Systeme anlernen muss) und auch schwierig unter Kontrolle zu halten. Allerdings schaue ich mir die Optionen an, die mir der Home Assistant hier bietet. Die aktuell stark in der Entwicklung befindliche Komponente des Assistenten ist an sich unfähig. Allerdings erlaubt mir die Software hier auch die Einbindung stärkerer Systeme. Da dies auch aktuelle KI-Systeme wie ChatGPT beinhaltet, ist das Interface also in der Theorie beliebig mächtig. Hier ist wohl am meisten Potential und auch am meisten Unsinn zu veranstalten, daher gehe ich es erstmal langsam in Trippelschritten an.

Da sich hier gerade in Summe wieder eine riesige Welt an Möglichkeiten aufgetan hat, ist das kaum in ein Paar Textzeilen zu pressen. Aktuell ist das immer noch eine Spiel- und Testphase. Allerdings kommt immer mehr Hardware dazu und auch sonst wird das Haus immer mehr in diese Richtung gedrückt.

Ich baue mir die nächsten Wochen das System weiter aus und werde immer wieder mal zu Details Artikel schreiben. Ich glaube aber, dass diesmal tatsächlich was Sinnvolles dabei rauskommt und ich wirklich (neben der Bastelei) auch einen echten Mehrwert generiere. Meine Familie zeigt sich auch recht ruhig, auch in kritischen oder grundsätzlichen Fragen, was ein gutes Zeichen ist. Wir werden sehen, wie es dann am Ende des Jahres aussieht, wenn also Teilprojekt ineinandergreifen und das Haus sich aktiver in unseren Alltag einbringt.

https://www.pexels.com/de-de/foto/dunen-des-death-valley-17108927/

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